Europas Technologiebranche vor dem Neustart

McKinsey-Studie sieht Chancen für bis zu 790 Milliarden US-Dollar an zusätzlicher Wertschöpfung bis 2030

Europa hat in den vergangenen Jahrzehnten deutlich an Bedeutung im globalen Markt für Technologie, Medien und Telekommunikation (TMT) verloren. Während der Sektor weltweit stark gewachsen ist – auf mittlerweile rund 34 Billionen US-Dollar – fiel Europas Anteil im gleichen Zeitraum von 30 auf nur noch 7 Prozent. Eine aktuelle Studie von McKinsey & Company zeigt jedoch konkrete Wege auf, wie der Kontinent wieder aufschließen und bis 2030 ein zusätzliches Wertschöpfungspotenzial von bis zu 790 Milliarden US-Dollar realisieren könnte.

Europa haben t die Chance zu gewinnen

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Strukturelle Hürden und neue Rahmenbedingungen

Der Rückgang europäischer Marktanteile lässt sich laut der Studie auf eine Reihe struktureller Faktoren zurückführen: fragmentierte Märkte, Investitionsdefizite, geringe Kapitalverfügbarkeit sowie regulatorische Hürden. Gleichzeitig verändern neue geopolitische Realitäten, technologische Sprünge und der zunehmende Druck zur digitalen Souveränität die Ausgangslage – und eröffnen neue Handlungsräume.

Ein zentrales Ergebnis der Studie: Die technologische Souveränität Europas wird zunehmend zur wirtschaftlichen Standortfrage. Der Aufbau resilienter digitaler Infrastrukturen, engere Kooperationen innerhalb der Branche und ein gezielter Ausbau technologischer Kompetenzen gelten als Schlüsselfaktoren für künftige Wettbewerbsfähigkeit.

Fokus auf fünf zentrale Handlungsfelder

Die McKinsey-Studie identifiziert fünf prioritäre Bereiche, in denen europäische Unternehmen bis 2030 erheblich an Wertschöpfung gewinnen könnten:

  1. Künstliche Intelligenz und neue Softwarelösungen
    Der größte Hebel liegt in der Entwicklung skalierbarer, KI-gestützter Softwarelösungen. Mit gezielten Investitionen in Forschung, Produktentwicklung und internationalen Zukäufen könnte allein in diesem Bereich ein Potenzial von rund 310 Milliarden US-Dollar erschlossen werden.

  2. Stärkere Ausrichtung auf Konsument:innen im digitalen B2C-Markt
    Insbesondere bei digitalen Medieninhalten und E-Commerce spielt Konsumentenaufmerksamkeit eine zentrale Rolle. Erfolgsentscheidend sind dabei individuelle Inhalte, analytisch gestützte Vertriebsstrategien sowie der Einsatz von KI zur Zielgruppenansprache.

  3. Ausbau der digitalen Konnektivität
    Für Telekommunikationsanbieter und Netzbetreiber liegt ein wesentlicher Wachstumsfaktor im weiteren Ausbau von 5G-Netzen, der Effizienzsteigerung bestehender Systeme und in neuen Partnerschaften. McKinsey erwartet hier ein jährliches Wachstum von 4 bis 6 Prozent.

  4. Stärkung der europäischen Cloud-Infrastruktur
    Derzeit dominieren internationale Anbieter den europäischen Cloud-Markt. Durch gezielte M&A-Aktivitäten und den Aufbau eines eigenständigen Ökosystems können europäische Unternehmen hier strategisch aufholen und neue Marktanteile sichern.

  5. Technologie-Dienstleister als Wachstumsmotor
    Dienstleister, die sich als strategische Partner im digitalen Wandel positionieren – etwa durch Branchenspezialisierung oder durch die Entwicklung integrierter Lösungen – werden eine zentrale Rolle im europäischen Tech-Ökosystem einnehmen.

Optimismus mit Realismus verbinden

Trotz des klar erkennbaren Potenzials mahnt die Studie zur Realitätsnähe: Zwar halten 85 Prozent der befragten TMT-Führungskräfte Europa für grundsätzlich fähig, eine Vorreiterrolle einzunehmen – gleichzeitig glaubt weniger als ein Viertel, dass die aktuelle Ausgangslage dafür schon ausreichend ist.

Entscheidend wird laut McKinsey sein, ob es gelingt, politische und wirtschaftliche Maßnahmen strategisch aufeinander abzustimmen – und technologische Chancen in konkrete unternehmerische Wertschöpfung zu überführen. Die Voraussetzungen sind gegeben. Der Handlungsbedarf auch.

Die gesamte Studie finden Sie unter: https://mck.de/EU_TMT